Die Freimaurer in Kaiserslautern sind älter als alle anderen Vereine einschließlich FCK, TSG und Fastnachter. Ihre Geschichte reicht weiter zurück als die von Pfaff, Opel und Universität. Dennoch feiern die Logenbrüder in den kommenden Wochen erst ihr 70-jähriges Bestehen. Ein Blick auf die bewegte Geschichte des Bruderbunds und einige berühmte Brüder.

Die Vereinigung, die auf allen Erdteilen vertreten ist, fühlt sich den fünf Grundidealen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität verpflichtet. Um ihnen näher zu kommen, streben die Freimaurer nach Selbsterkenntnis und einem menschlicheren Verhalten. Ihr Eintreten für Gedankenfreiheit hat in totalitären Systemen immer zu Unterdrückung und Verfolgung geführt.

Mitunter wirkt die anti-maurerische Propaganda von Päpsten und Nazis bis heute nach, zumal das viel zitierte „Geheimnis“ der Maurer an verschwörerischen Hokuspokus hinter verschlossenen Türen hinzudeuten schien. Zu Beginn der Coronakrise flammten derlei Vorurteile erneut kurzzeitig auf. „Das Narrativ der angeblichen Geheimniskrämerei ist eine landläufige, aber falsche Interpretation dessen, was wir tun“, sagt Patrick Gräf, der amtierende Vorsitzende der Kaiserslauterer Loge. „Das ,Geheimnis„ ist das innere Erleben unseres Rituals und das Bewusstsein, Teil dieser Gesellschaft zu sein.“

Gerade in Kaiserslautern hat die „diskrete Gesellschaft“ eine lange Geschichte. Der Begriff Freimaurer leitet sich ab vom englischen „freestone mason“: dem Steinmetz. Im Gegensatz zum handwerklich tätigen „roughstone mason“ widmet er sich der kunstvollen Bearbeitung des Baumaterials. Er schloss sich in „Lodges“ mit Gleichgesinnten zusammen. Das war der Beginn der Freimaurer-Logen.

Als im Jahr 1721 in England erstmals ein Adliger zum Großmeister der Bruderschaft gewählt wurde, hatten sich die Freimaurer endlich vom reinen Handwerkerbund gelöst. Die erste deutsche Loge entstand 1737 in Hamburg, wo im Jahr darauf der preußische Kronprinz Friedrich II. aufgenommen wurde. Der nachmalige Alte Fritz schützte und förderte die Maurerei, während der Papst und die Potentaten vieler deutscher Kleinstaaten die Ideale von Humanismus und Gedankenfreiheit mit Argwohn beobachteten.

Der Kurfürst von der Pfalz sprach ein Verbot sämtlicher maurerischen Versammlungen aus. Damit kam ein rasches Ende für die 1. Oktober 1782 in Kaiserslautern gegründeten Loge „Carl August zu den drei flammenden Herzen“. Ihr gehörte unter anderem der aus dem Siegerland stammende Arzt, Wirtschaftswissenschaftler und Staatsrechtler Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817) an, der an der damaligen Lauterer Verwaltungshochschule lehrte.

Deren Leiter Friedrich Casimir Medicus (1736-1808) war vermutlich Freimaurer, nachweislich aber „Freigärtner“ und Mitglied des okkulten Illuminaten-Ordens. Beide Männer verließen Kaiserslautern, als die „Hohe Kameral-Schule“ nach Heidelberg verlegt wurde. Heute ist jedem von ihnen ein Straßenname gewidmet.

Nach dem Verbot der Freimaurerei in der Kurpfalz entstand erst wieder in den Französischen Revolutionskriegen eine kurzlebige Soldatenloge. In der guten, alten Biedermeierzeit war freies Denken nicht erwünscht, so dass sich erst wieder 1864 eine Lauterer Loge formierte. Sie hieß „Barbarossa zur deutschen Treue“ und baute sich ein stattlich-herrschaftliches Logengebäude. Auf Initiative des damaligen Oberbürgermeisters und Logenbruders Carl Hohle (1815-1894) wurden die Räume während des Deutsch-französischen Kriegs 1870/71 zum Lazarett umfunktioniert.

Die „Barbarossa“-Loge hatte eine illustre Mitgliederliste vorzuweisen. Neben Hohle gehörten der Druckereibesitzer Philipp Rohr (1827-1892) sowie der Zigarrenfabrikant und spätere BBK-Mitbegründer Clemens August Reichard (1825-1904) zu den zwölf Gründungsmitgliedern. Außerdem schlossen sich der Autor der Lauterer Stadtchronik, Julius Küchler (1839-1925), der Kaufmann und Landtagsabgeordnete Friedrich Daniel Pixis (1801-1884), der Homburger Bürgermeister Karl Lotz (1823-1875) und dessen (aus Kusel stammender) Zweibrücker Amtskollege Theodor Maerker (1832-1895) an.

Trotz dieses prominenten „Who’s who“ stellte die Lauterer Loge ihre Aktivitäten alsbald ein. Das Gebäude in der heutigen Logenstraße wurde 1883 versteigert. In freimaurerischen Zirkeln – auch Kränzchen genannt – blieben die Brüder bis in die 1920er Jahre hinein verbunden. Der Bankier Karl Karcher (1841-1899) ließ sich 1893 auf einem ehemaligen Steinbruchgelände in der Lauterstraße einen großflächigen Landschaftspark mit Maurer-Anleihen errichten. 

Dort entstand eine „Gartenvilla“, deren Wand- und Deckenmalerei mit freimaurerischen Motiven versehen wurde. Nachdem das Gebäude 1935 verkauft und abgerissen wurde, sind die kunstvoll gestalteten Interieurs heute im Restaurant am Otterberger Naturfreibad zu besichtigen. Wo Karchers Privatpark stand, erstreckt sich inzwischen der Japanische Garten.

Für die Freimaurer kam das endgültige Aus mit Beginn der Nazi-Herrschaft. Adolf Hitler erblickte in der Maurerei „ein vorzügliches Instrument zur Verfechtung der Ziele des Weltjudentums“ und ließ alle Logen im Deutschen Reich schließen. Zuvor hatte bereits der General Erich Ludendorff gegen den Bruderbund Stimmung gemacht, indem er mit Hass- und Schmähschriften gegen die angebliche zerstörerische Verderbtheit von Juden, Jesuiten und Freimaurern hetzte.

Wie überall konnte in Kaiserslautern die Freimaurerei erst nach dem Zweiten Weltkrieg wiederbelebt werden. Am 8. Dezember 1951 wurde eine neue Loge gegründet, die im Folgejahr den Namen „Galilei“ erhielt. Bekannte Mitglieder waren die Opernsänger Walter Anton Dotzer (1923-2008) und Werner Nesseler (1919-2005), die beide am Pfalztheater zu großer Popularität gelangten. Der Künstler Albert F. Bühler (1925-2021), der mehrfach als „Meister vom Stuhl“ den Logenvorsitz führte, gehört zu den bedeutendsten Porträtmalern in Südwestdeutschland. Er schuf unter anderen Porträt-Galerien fürs Zweibrücker Rathaus und die Ramsteiner Air Base. 

Außerdem hängen seine Werke im neuen Lauterer Logenhaus. Gemeinsam mit zwei amerikanischen Logen kauften die deutschen Brüder 1957 ein ehemaliges Fabrikgebäude in der Augustastraße, das vor 15 Jahren saniert wurde. Am 25. Juni laden die Freimaurer zum Besuch ein. Außerdem begeht die Loge „Galilei“ ihr 70-jähriges Bestehen mit einem Festakt im Edith-Stein-Haus. Zur Feier wird unter anderem der bisherige Großmeister von Deutschland, Stephan Roth-Kleyer, erwartet. Der Professor für Landschaftsbau konnte nach achtjähriger Amtszeit nicht mehr für den Bundesvorsitz kandidieren. Zu seinem Nachfolger wurde Ende Mai beim Großlogentag in Berlin der 59-jährige Stefan Kunnert gewählt. Er ist Freimaurer im doppelten Sinn, nämlich Logenbruder und Architekt.

Rainer Dick in Die Rheinpfalz am 09. Juni 2022 – https://www.rheinpfalz.de/lokal/kaiserslautern_artikel,-die-freimaurer-der-stadt-blicken-zurück-auf-eine-bewegte-geschichte-_arid,5365894.html

Die Freimaurer der Stadt blicken zurück auf eine bewegte Geschichte 

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